Polen hat mit der Nahost-Konferenz die USA im Fokus

Für Polen ist das Verhältnis zu den USA wichtiger als jedes andere. Dafür nimmt Warschau auch in Kauf, die Europäer vor den Kopf zu stossen.

Meret Baumann, Wien

13.2.2019, 16:01 Uhr

Polens Präsident Andrzej Duda und die First Lady Agata Kornhauser-Duda empfangen den amerikanischen Vizepräsidenten Mike Pence und seine Gattin Karen. (Bild: Imago)

Als Ende Januar bekanntwurde, dass der amerikanische Vizepräsident Mike Pence an der von Polen und den USA gemeinsam ausgerichteten Nahostkonferenz in Warschau teilnehmen werde, verbreiteten polnische Medien hektisch Eilmeldungen. Dass Washington nicht nur mit Aussenminister Mike Pompeo, sondern auch mit einem so ranghohen Mitglied der Administration vertreten ist, empfindet man in Polen als Zeichen der Wertschätzung. Das ist der nationalkonservativen Regierung auch wichtiger als die Absagen aus der Europäischen Union: Weder die Aussenbeauftragte Federica Mogherini ist angereist, noch sind Deutschland oder Frankreich mit ihren Aussenministern vertreten. Das mag Warschau schmerzen, doch gerade für die heutige Regierung ist das Verhältnis zu den USA der zentrale aussenpolitische Fokus. Aus historisch nachvollziehbaren Gründen empfindet Polen Amerika als einzigen Garanten der eigenen Sicherheit.

Trump preist Polen

Die polnische Regierung möchte sich mit der am Mittwochabend beginnenden Konferenz, an der rund sechzig Delegationen teilnehmen, als Vermittlerin zwischen den USA und der EU in der Nahostpolitik positionieren. Die Teilnehmerliste lässt allerdings erahnen, dass Polen nicht uneingeschränkt als neutraler Brückenbauer gesehen wird, und tatsächlich geht es Warschau vor allem darum, die Beziehung zu den USA zu stärken. Diese hat sich unter Trump verbessert, nachdem Barack Obama die autoritären Reformen der Regierung offen kritisiert hatte.

Rechtsstaatliche Fragen interessieren den derzeitigen Präsidenten dagegen nicht, und so wählte er vor knapp zwei Jahren Warschau für einen seiner ersten bilateralen Besuche in Europa und eine programmatische Rede. Dabei pries er Polen, während andere europäische Länder oft Ziel hämischer Attacken Trumps sind. Von amerikanischer Seite wird immer wieder positiv vermerkt, dass Warschau die Nato-Pflicht erfülle, mindestens zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigungsausgaben aufzuwenden. Am Mittwoch schlossen die beiden Länder zudem einen Vertrag im Umfang von über 400 Millionen Dollar zur Lieferung amerikanischer Raketenwerfer an Polen.

Eine ernsthafte Eintrübung erfuhr das Verhältnis jedoch mit dem von Polens Regierung vor einem Jahr beschlossenen «Holocaust-Gesetz», das Strafen für Personen vorsah, die Polen eine Mitschuld an Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs gaben. Es sorgte in Israel wie in den USA für Empörung, so dass Warschau rasch zurückkrebste. Das bereitete den Weg für einen Empfang des polnischen Präsidenten Andrzej Duda im Weissen Haus vor einem halben Jahr. Dabei warb er für die dauerhafte Stationierung von amerikanischen Truppen auf polnischem Boden, seit vielen Jahren ein Wunsch Warschaus. Psychologisch geschickt schlug Duda für einen solchen Stützpunkt den Namen «Fort Trump» vor und bot auch gleich an, Polen werde für die Errichtung selbst aufkommen. Trump erklärte immerhin, man werde den Vorschlag ernsthaft prüfen.

Washington verspricht mehr Truppen

Konkretisiert hat sich dies inzwischen nicht. Aussenminister Jacek Czaputowicz sagte nach seiner Unterredung mit Pompeo vage, man habe darüber gesprochen und werde das weiterhin tun. Die amerikanische Botschafterin in Warschau, Georgette Mosbacher, sagte der «Financial Times» dagegen, das Verteidigungsministerium setze eher auf agile Truppen. Das aufgrund des Konflikts in der Ukraine auf rotierender Basis in Polen stationierte Nato-Bataillon unter amerikanischer Führung werde man aber «signifikant» stärken. Eine Zahl wollte Mosbacher nicht nennen, aber die meisten Wünsche der Polen würden erfüllt, sagte sie. Wird das tatsächlich umgesetzt, hat sich die Nahostkonferenz für Warschau bereits ausgezahlt. Aus polnischer Sicht wäre es allemal den Preis wert, dass sich das Land innerhalb der EU weiter isoliert, steht es doch schon wegen des Abbaus der Rechtsstaatlichkeit in der Kritik.


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